Mein Kind hört nicht auf mich

​Es ist frustrierend, wenn wir nicht zu unserem Kind durchdringen. Und es ist gleichzeitig auch unmöglich, unsere Werte und Ansichten zu vermitteln, wenn unser Kind nicht offen und bereit für „uns“ ist.

„Hilfe, mein Kind hört nicht auf mich!“ oder „Ich dringe zu diesem Kind einfach nicht durch!“ - Sätze, die ich in meiner Familienbegleitungs-Arbeit oft höre. ​​​In diesem ​Artikel erhältst du Impulse, um die Beziehung zu deinem Kind so weit zu stärken, dass es dir wieder zuhört.​

 

​Mein Kind hört mir nicht zu! Was mache ich falsch?

​Glücklicherweise wenden sich Kinder an uns mit dem Wunsch nach Liebe, Schutz und Orientierung, solange sie sich gut mit uns verbunden fühlen. In Beziehung mit unseren Kindern zu bleiben, ist also eine der wichtigsten Aufgaben für uns Eltern (und für alle, die Kindern etwas lehren, beibringen oder vermitteln wollen).

​Gemäß ihrer natürlichen Entwicklung wollen Kinder selbständig die Welt erkunden und lernen. Wir können sie nicht kontrollieren, aber viel zu oft versuchen wir es dennoch. Obwohl wir wissen, dass wir andere Menschen nicht kontrollieren oder ändern können.

Doch solange wir eine gute Beziehung zu unseren Kindern haben, haben wir zumindest eines: Wir haben Einfluss.

 

​​​​Warum Kinder nicht (mehr) auf uns hören?

Sobald Kinder das Gefühl haben, dass …

  • wir sie nicht ernst nehmen oder

  • ihnen aufrichtig zuhören, oder dass

  • wir sie nicht richtig verstehen oder

  • es uns egal ist, wie es ihnen geht oder

  • was ihnen wichtig ist …

… hören sie auf, uns zu folgen und uns zuzuhören. Wir disqualifizieren uns langsam als Erwachsener, dem sie vertrauen können und dessen Worte sie ernst nehmen.

Es bedeutet nicht unbedingt, dass wir etwas falsch gemacht haben. Es ist ja immer auch eine subjektive Empfindung, wie etwas wahrgenommen wird.

Es kann bedeuten, dass du ein recht willensstarkes und selbstbestimmtes Kind hast oder ein Kind mit hoher Vorstellungskraft, das einfach alles selbst ausprobieren will, auch wenn es den Erwachsenen nicht gefällt.

Kurz gesagt: Unsere Kinder verschließen sich vor uns, wenn sie denken, dass sie nicht zu UNS durchdringen. Warum sollten sie UNS zuhören, wenn sie sich selbst ignoriert fühlen?

Das rüttelt am Weltbild mancher Eltern, besonders jener Erwachsener, die der Meinung sind, Kinder „haben zu hören“ oder „zu gehorchen“.

Aber wenn du mehr positiven Einfluss auf dein Kind nehmen möchtest, dann ist der einzig erfolgreiche Weg, die Beziehung zu ihm zu stärken und zu vertiefen. Das bedeutet, zuerst zuhören und verstehen und seine Bedürfnisse ernst nehmen.

 

​Heißt das, mein Kind hört mir nur zu, wenn ich immer Ja sage?

​Nein, damit ist nicht gemeint, dass du zu allem Ja und Amen sagst. Im Gegenteil! Die Beziehung zwischen dir und deinem Kind wird dadurch gestärkt, wenn es das Gefühl hat, dass du seinen Standpunkt verstehst und dich in seine Lage versetzen kannst.

Das heißt, wenn du in erster Linie Mitgefühl und Verständnis für seinen Blickwinkel aufbringen kannst.  Wenn du verständnisvoll bleibst, auch wenn du zu seinen Wünschen öfters mal Nein sagen musst.

 

Hier sind ein paar Fragen zur Reflexion an dich:

  • Bist du bereit zuzuhören und Dinge aus dem Blickwinkel deines Kindes zu betrachten? Das Kind erlebt, dass es zwar nicht immer alles bekommt, wonach es verlangt, aber seine Eltern verstehen es, egal was passiert.

  • Kannst du Grenzen setzen, ohne die Grenzen deines Kindes zu verletzen, d.h. bleibst du mitfühlend, auch wenn du „Nein“ sagen musst? Dein Kind fühlt sich verstanden, auch wenn es nicht bekommt, was es will, aber dadurch wird es Grenzen besser annehmen können.

  • Achtest du dabei auf eine „Win-win-Situation“ (oder willst du einfach nur recht haben, was wiederum impliziert, dass jemand anderer NICHT recht hat)? Bei einer Win-win-Situation lernt dein Kind, dass es uns in einer Beziehung wichtig ist, dass wir es möglichst gut für beide Parteien machen wollen und auch bereit sind, Kompromisse einzugehen.

  • Kannst du die Enttäuschung, die Traurigkeit, den Frust und den Ärger deines Kindes aushalten, oder siehst du diese Gefühle gar nicht gerne und möchtest lieber, dass es diese nicht zeigt? Etwas, dass viele Erwachsene kaum aushalten können … „negative“ Gefühle! Das Kind lernt dabei, dass ALLE Gefühle gut sind und kann langfristig lernen, besser mit ihnen umzugehen und sie selbst zu regulieren.

  • Wenn du dein Kind ansiehst, siehst du dann eher die positiven Eigenschaften, auch wenn es etwas „falsch“ gemacht hat? Das Kind erfährt, sich selbst als vorwiegend „gut“ zu sehen, auch wenn es Fehler macht. Es beginnt Fehler als Lernchance zu betrachten und fürchtet sich nicht davor, Fehler zu machen oder Fehler zuzugeben. Etwas, das vielen Erwachsenen Schwierigkeiten bereitet!​

 

​Mein Kind hört MIR nicht zu …

… aber meiner Erziehungspartnerin / meinem Erziehungspartner schon - gibt's da ein Geheimnis?

Es gibt ein einfaches Geheimrezept: Unsere Bereitschaft zu verstehen ist alles, was es braucht, damit wir vertrauenswürdig und „okay“ für unser Kind bleiben. Wenn es genug Vertrauen in uns hat, wenn wir ein „sicherer Hafen“ für unser Kind sind, dann bleibt es offen für alles, was wir ihnen mitgeben möchten.

Das ist kein wirklich großes Geheimnis, oder?

Die Herausforderung dabei ist:  Wenn wir selbst gestresst, kurz angebunden, ungeduldig, verärgert und schlecht gelaunt sind, dann können wir nicht geduldig sein. Und werden dementsprechend schnell laut, schimpfen oder schreien. Hier findest du meine 10 Schritte, um mit Schimpfen oder Schreien aufzuhören >>

Der Schlüsselfaktor ist also, dass wir selbst entspannt und ruhig genug bleiben. Dass wir für uns selbst Methoden gefunden haben, die uns in diese Ruhe bringen, BEVOR wir uns ans Kind wenden.

​Der Familienalltag ist aufregend und spannend und wir Eltern sind täglich gefordert. Wir haben die Verantwortung für unsere Kinder, und für viele bedeutet das die Kontrolle über das Verhalten der Kinder.

Das Verhalten unserer Kinder ändern zu wollen, treibt uns allerdings in viele Machtkämpfe hinein. Viel einfacher ist es, auf die Bedürfnisse zu achten und das Verhalten als „Warnblinker“ zu sehen.

Braucht es ein wenig Änderung in unserem eigenen Verhalten? Braucht es mehr Mitgefühl und Verständnis für das Kind? Äußere ich meine eigenen Grenzen angemessen und verständlich?

Das bedeutet nicht, dass wir automatisch mit jedem Verhalten zufrieden sind, es gibt uns nur Aufschluss darüber, dass das Kind mehr Hilfe unsererseits braucht, mit bestimmten Situationen besser zurechtzukommen. Dass wir Mitregulieren und ihnen Alternativen aufzeigen, die besser passen.

Sobald unsere Kinder merken, dass wir auf ihrer Seite sind, ihre Integrität wahren und sie nicht kontrollieren wollen, werden sie wieder kooperieren. Und lautwerden, herumschreien oder schimpfen wird nicht mehr (so oft) notwendig sein.

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