Von einem Extrem ins andere? Warum der Laissez-faire-Erziehungsstil auch nicht das Gelbe vom Ei ist

Von einem Extrem ins andere: Warum der Laissez-faire-Erziehungsstil auch nicht das Gelbe vom Ei ist
 

Viele Eltern, die vom autoritären Erziehungsstil wegkommen wollen, neigen dazu, ins andere Extrem zu verfallen: den Laissez-faire- oder anti-autoritären Erziehungsstil. Diese beiden Stile sind zwar nicht identisch, aber ähneln sich in einigen wichtigen Punkten. Doch ist es wirklich besser, den Kindern alle Freiheiten zu lassen? Spoiler: Nicht wirklich!

 

Was zeichnet den anti-autoritären Erziehungsstil aus?

Im anti-autoritären Stil lassen Eltern ihrem Kind in vielerlei Hinsicht freien Lauf – was auf den ersten Blick nach viel Verständnis und Freiheit klingt, hat allerdings seine Schattenseiten.

Hier sind die wichtigsten Merkmale:

  • Gefühlsfreiheit ohne Führung: Eltern sind meist sehr großzügig, wenn es um die Akzeptanz der Gefühle ihrer Kinder geht. Sie trösten, wenn es nötig ist, bieten jedoch keine Strategien, wie das Kind mit diesen Emotionen umgehen kann.

  • Hilflosigkeit in Sachen Selbstregulation: Häufig haben diese Eltern selbst Probleme, ihre eigenen Emotionen zu regulieren. Das führt dazu, dass sie ihren Kindern auch keine hilfreichen Tipps geben können, wie sie ihre Gefühle in den Griff bekommen.

  • Keine klaren Grenzen: Nachgiebigkeit ist hier Trumpf. Grenzen? Fehlanzeige! Es wird selten eine klare Linie gezogen, an der sich das Kind orientieren kann.

  • Probleme werden nicht gelöst: Oft räumen diese Eltern ihren Kindern alle Hindernisse aus dem Weg, ohne ihnen beizubringen, wie sie selbst mit Herausforderungen umgehen können.

Das Ergebnis?

Kinder, die nach diesem Erziehungsstil aufwachsen, bekommen keine Strategien an die Hand, wie sie ihre Gefühle regulieren oder Probleme eigenständig lösen können. Und das hat natürlich Folgen.

 

Wie wirkt sich dieser Erziehungsstil auf Kinder aus?

Die Auswirkungen auf Kinder, die mit wenig Führung und ohne klaren Regeln aufwachsen, können vielfältig sein – und leider nicht immer positiv:

  • Gefühlsausbrüche und Manipulation: Da sie nicht gelernt haben, ihre Gefühle zu regulieren, greifen viele dieser Kinder auf manipulative Verhaltensweisen zurück. Sie versuchen, durch Kontrolle oder Wutanfälle ihren Willen durchzusetzen.

  • Aggression und Impulsivität: Manche Kinder zeigen übermäßige emotionale Ausbrüche, die auch in Aggressionen oder Gewalt enden können.

  • Schuldgefühle und Angst: Auch wenn es paradox klingt, fühlen sich diese Kinder oft überfordert. Ohne klare Grenzen von außen müssen sie selbst für Sicherheit sorgen – und das kann Angst machen.

Der Mangel an Regeln und Hilfestellung kann dazu führen, dass Kinder sich nicht nur unsicher fühlen, sondern auch in sozialen Situationen Schwierigkeiten haben. Freundschaften zu schließen und zu halten, sich in einer Gruppe zurechtzufinden oder Rücksicht auf andere zu nehmen – all das fällt ihnen schwer.

 

Laissez-faire bzw. anti-autoritär ist nicht bedürfnisorientiert!

Das Ziel vieler Eltern, die einen Laissez-faire-Stil verfolgen, ist es, bedürfnisorientiert zu handeln. Aber das Gegenteil ist oft der Fall. Ohne klare Regeln und Strukturen kann das Kind langfristig Schaden nehmen. Hier sind ein paar Beispiele:

  • Wünsche über Bedürfnisse stellen: Wenn Eltern ihren Kindern erlauben, alles zu tun, was sie wollen – zum Beispiel zu viel Medienkonsum oder spät ins Bett gehen – führt das oft zu müden, quengeligen und überreizten Kindern. Langfristig schadet das mehr, als es nützt.

  • Unangenehme Gefühle vermeiden: Eltern wollen oft verhindern, dass ihre Kinder negative Gefühle wie Frustration oder Enttäuschung erleben. Doch das bringt Kinder nicht weiter. Sie lernen nicht, mit diesen Gefühlen umzugehen und sie zu verarbeiten.

Der Laissez-faire-Stil vermittelt dem Kind: „Meine Wünsche sind das Wichtigste“. Dadurch entwickelt es wenig Frustrationstoleranz und hat Schwierigkeiten, seine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und zu erfüllen. Glück wird vom Erfüllen kurzfristiger Wünsche abhängig gemacht, anstatt von tieferen Bedürfnissen wie Geborgenheit und Zufriedenheit.

 

Fazit: Grenzen schaffen Sicherheit

Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Kinder ohne Regeln und Strukturen glücklicher sind. Tatsächlich brauchen sie klare Grenzen (empathisch gesetzt), um sich sicher und geborgen zu fühlen. Kinder, die wissen, woran sie sind, können sich besser auf ihre eigenen Gefühle und die der anderen einstellen und lernen, ihre Bedürfnisse auf eine gesunde Art und Weise zu kommunizieren.

Eltern sollten sich also nicht scheuen, die eigenen Grenzen sichtbar zu machen – denn nur so lernen Kinder, dass das Leben auch mal aus Frustration, Enttäuschung und Warten besteht. Und dass das völlig okay ist.

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Warum ‘Nachbeeltern’ so wichtig ist!

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Gefühlsregulation und die positive Prägung des Gehirns