Interview mit Stefanie Kirschbaum – der Autorin von “Betty”!

Stefanie Kirschbaums zweites Buch "Wie Betty für Gerechtigkeit sorgt" ist im Festland-Verlag erschienen und findet sowohl bei kleinen als auch bei erwachsenen Lesern großen Anklang. Als wissbegieriger Mensch interessieren mich nach dem Lesen auch immer die Beweggründe bzw. die Hintergründe für das Buch und ich danke der Autorin, dass sie mir für Antworten auf meine vielen Fragen zur Verfügung stand!

Starten wir gleich los!

Was waren deine Beweg- bzw. Hintergründe für "Betty"?

Gerne! Mich hat das Thema „Wut“ bei Kindern interessiert. Meine Beobachtung war, dass ein „Wutgewitter“ verschiedene Hintergründe haben kann. In dem Buch „Wie Betty das Wutgewitter bändigt“ entsteht Bettys Wut häufig durch Überreizung und Überforderung. Als hochsensibles Kind nimmt sie viel wahr – und es wächst ihr eben manchmal alles über den Kopf … Sie braucht dann Rückzug und Ruhe.

Dann gibt es aber noch eine andere Wut, die viele Kinder bekommen, wenn sie etwas als ungerecht empfinden. Kinder möchten eben, dass es gerecht und fair zugeht und manche Kinder, gerade auch die hochsensiblen Kinder, haben sehr feine Antennen für Ungerechtigkeiten. Die Schule bietet da ein breites Angebot an Situationen, die Kinder als ungerecht empfinden können: sei es auf dem Schulhof oder in bestimmten Unterrichtssituationen.

Eine meine Töchter ist so ein Kind, die sich „mit voller Kraft voraus“ für Gerechtigkeit einsetzt. Und sich damit schon manchen Ärger eingehandelt hat … meines Erachtens eine echte Herausforderung für Eltern: mit dieser Wut der Kinder sensibel umzugehen, ohne sie zu entmutigen. Schließlich brauchen wir in unserer Gesellschaft unbedingt Menschen, die sich für Fairness einsetzen.

Bei „Wie Betty für Gerechtigkeit sorgt“ geht es also darum: Betty wird sehr wütend, wenn irgendwo Ungerechtigkeiten geschehen. Sie will dann sofort etwas unternehmen und schießt oft ein wenig über das Ziel hinaus… Im Laufe der Geschichte findet sie nach und nach heraus, auch durch Versuch und Irrtum, wie sie sich auf eine schlaue Art und Weise für Gerechtigkeit einsetzen kann.

Betty und Philipp

Du wurdest früh von deiner Großmutter motiviert, mehr zu schreiben und "etwas daraus zu machen". Wann hast du mit dem Schreiben begonnen und wann wusstest du, dass es nicht nur ein Hobby bleiben sollte?

Als Grundschülerin habe ich angefangen, Geschichten und Gedichte zu schreiben und zu verschenken. Das war damals für mich sehr praktisch: Ich konnte jederzeit Geschenke „produzieren“. In meiner Erinnerung bin ich dafür nicht besonders gelobt oder ermutigt worden, außer von meiner Großmutter. Und ihre Meinung war mir wichtig. Kurz vor ihrem Tod (2007) hat sie mir auf den Weg gegeben, dass jeder Mensch eine oder mehrere besondere Gaben mit auf den Lebensweg bekommt. Dies sind „Gottes Gaben“. Und wir sollten sie nutzen – das ist unsere Lebensaufgabe. Sie sagte, ich hätte zwei Gaben: mit Menschen „arbeiten“ (in der Beratung) und zu schreiben. Ihre klaren Worte haben mich damals sehr beeindruckt und sie waren der Startschuss dafür, dass ich über Veröffentlichungen nachdachte. Zunächst habe ich fachliche Texte für ein Bildungsinstitut zum Thema „Psychologische Beratung“ geschrieben. Und dann kam 2014 die Idee zu „Betty“. "

 

Welchen inneren Prozess hast du durchlaufen, erstmals als Autorin "sichtbar" zu werden und in die Umsetzung dieses Vorhabens zu kommen? Hat es dich eine gewisse Anstrengung gekostet, musstest du dafür deine Komfortzone verlassen? Du hast nun ja bereits 2 Bücher veröffentlicht :-)

Ja, ich musste mich sehr überwinden und meine Komfortzone verlassen. Denn eigentlich bin ich ein Mensch, der gerne zurückhaltend und bescheiden ist. Ich habe mich trotzdem überwunden und Verlage angerufen, um ihnen meine Buch-Idee vorzustellen. Der Festland-Verlag in Wien hatte Interesse und die Verlegerin Ingrid Parlow hat mich sehr professionell und freundlich beim Schreiben begleitet. Eine sehr schöne und lehrreiche Erfahrung! Bis ich schließlich die Zusage für die Veröffentlichung des Manuskriptes bekam, war es jedoch eine (für mich) gefühlt lange Zeit des Hoffens und Bangens – und damit genau das, was ich nicht gut kann: auf etwas warten!

Aber als ich das erste fertige „Betty“-Buch im Dezember 2015 in meinen Händen hielt- das war schon ein wirklich tolles Gefühl!

 

Betty als Streitschlichterin

Die Protagonistin deiner Bücher ist "Betty". Eine (mittlerweile) Viertklässlerin, die mit ihren Eltern, dem Bruder Max und ihrer patenten Oma Trude verschiedenste Alltagssituationen zu meistern hat. Eine Figur, in der du wesentliche Merkmale hochsensibler Kinder vereinst bzw. beschreibst. Wodurch wurdest du inspiriert, Betty zu "kreieren"?

Die Inspirationen zu „Betty“ kamen aus vielen Richtungen: eigene Kindheitserfahrungen und vielfach auch Erfahrungen als Mutter und Tante oder durch Gespräche mit anderen Eltern. Aber auch: all das, was ich über Hochsensibilität gelesen und bei Kindern beobachtet habe.

Dann habe ich mich im Vorfeld bewusst mit den Merkmalen hochsensibler Kinder beschäftigt, weil ich wollte, dass sich die kleinen Leserinnen und Leser gut mit „Betty“ identifizieren können.

Trotzdem war es so, wie es der folgende Satz zum Ausdruck bringt: „Der Weg entsteht beim Gehen“. Denn erst beim Schreiben nahm „Betty“ so richtig Gestalt an und wurde „lebendig“. Irgendwann konnte ich sie deutlich vor mir sehen und musste sie nicht mehr „konstruieren“.

 

Du bist Diplom-Psychologin und arbeitest neben deiner Autorentätigkeit als selbständige Beraterin und Coach. Wie sehr fließen deine Erfahrungen aus der beratenden Tätigkeit in die Geschichten deiner Bücher ein?

Betty ist wütend

Meine beruflichen Erfahrungen fließen auf jeden Fall ein. Allerdings arbeite ich immer noch überwiegend mit Erwachsenen. Doch ich habe viel Kontakt zu anderen Familien und Kindern und bin eine ganz gute Beobachterin. Daraus schöpfe ich viel „Material“ für meine Bücher. In Lesungen bekomme ich außerdem mit, wie Kinder auf die Erlebnisse von Betty reagieren und welche Fragen sie dazu haben. Das ist sehr bereichernd! " />

 

Du lebst mit deinen beiden Töchtern, deinem Lebenspartner, zwei Kaninchen und vielen Büchern ;-) in Neuss. Wie sieht dein Familienalltag aus bzw. wie schaffst du es, genügend Freiraum und Ruhe fürs Schreiben zu finden?

Bei uns geht es kunterbunt zu, wie in jeder Familie. Ich versuche, flexibel genug zu sein, um alles unter einen Hut zu bringen. Um ganz ehrlich zu sein: ich bin immer noch im Experimentier-Stadium. " /> Um das Schreiben in den Alltag zu integrieren, habe ich versucht, jeden Tag ein bisschen (20-30 min) zu schreiben. Aber das Ergebnis zeigte, dass ich nicht richtig in den Erzählfluss gekommen bin. Da wurde mir klar, dass ich mir längere Zeiträume einrichten muss, um wirklich in die Geschichte eintauchen zu können. Das bisher beste Modell (aber selten umsetzbar) ist: eine ganze Arbeitswoche für das Schreiben freischaufeln. Was eher funktioniert: einen Schreibtag pro Woche, z.B. den Freitag. Und ich muss zugeben, dass ich einige andere Hobbys (erstmal) an den Nagel gehängt habe… Insgesamt hilft mir, dass ich mich beruflich intensiv mit dem Thema Zeit- und Selbstmanagement auseinandergesetzt und einiges an nützlichen Vorgehensweisen erlernt und etabliert habe, um mich gut zu organisieren.

 

Ich finde, auch in deinem zweiten Buch "Wie Betty für Gerechtigkeit sorgt" finden wir Eltern wertvolle Anregungen, anders mit Konfliktsituationen umzugehen, als wir das vielleicht von unserer eigenen Kindheit gewohnt sind. Welche Strategien vermittelst du in diesem Buch? Was würdest du dir als Autorin wünschen, dass es beim erwachsenen Leser "ankommt", gibt es eine spezielle "Message", die du vermitteln möchtest?

In dem Buch stecken tatsächlich einige Botschaften …

Zum Beispiel: „Betty“ möchte die unfairen Kinder anschreien und ihre Wut lautstark zum Ausdruck bringen. Aber dann sieht sie, dass ihr Freund Philipp sich nicht helfen lassen möchte. Sie steckt innerlich in einem Konflikt: Was zählt jetzt eigentlich mehr? Das Bedürfnis zu helfen?  Oder der Wunsch des Freundes, dass sie sich da raushält? Hier ist die Botschaft, dass ein blindes Kämpfen für Gerechtigkeit nicht zu einer guten Lösung für alle Beteiligten führt.

An anderer Stelle zeigt sich: sich gegen eine Ungerechtigkeit zu wehren und dabei selbst etwas Ungerechtes zu tun, ist auch keine gute Lösung.

Betty erfährt, dass es oftmals eine gute Idee ist, erst einmal nachzudenken: Was wäre jetzt schlau zu tun? Und wann gibt es dafür eine günstige Gelegenheit?

Besonders wichtig finde ich folgende „Message“ der Oma Trude: Dass Menschen Vorurteile gegenüber anderen haben, liegt oft daran, dass sie sich gegenseitig noch nicht gut genug kennen. Diese Aussage fällt Betty in einer besonderen Situation während der Klassenfahrt ein. Sie hat dazu eine gute Idee, die wiederum dazu führt, dass sich die Kinder besser kennenlernen und sich besser verstehen…

Interessant für mich ist: dass meine Leser*innen jeweils unterschiedliche Botschaften aus dem Buch mitnehmen. Und manchmal höre ich sogar Botschaften, die mir vorher selbst noch gar nicht bewusst waren. Sehr spannend! "

 

Gibt es schon Ideen für ein weiteres Buch, auf das wir uns freuen können?

Ja! Ein weiteres Manuskript ist fertig. Hierin geht es um einen kleinen, neugierigen und störrischen Esel. Das „Störrische“ an ihm hat aber etwas Gutes: Er verfolgt hartnäckig die Ideen, die ihm kommen, auch wenn letztendlich nicht alles so läuft, wie er es sich wünscht… Es wird einerseits ein Buch zum Schmunzeln und Lachen, aber andererseits ist es mehr als das.

Da dürfen wir uns schon jetzt auf das neue Buch freuen! Wer sich die beiden Bücher von Betty näher ansehen möchte - hier findest du die beiden Bücher verlinkt:

Wie Betty für Gerechtigkeit sorgt

Wie Betty das Wut-Gewitter bändigt

Wenn du mehr über Stefanie Kirschbaum erfahren möchtest, findest du ihre Webseite hier: http://www.stefaniekirschbaum.de/

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